Peri. art. Verschlusskrankheit | | Print | |
Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK), handelt es sich um eine Störung der arteriellen Durchblutung der Extremitäten. Die Erkrankung gehört zu den chronischen Gefäßkrankheiten der Arterien. Sie entsteht durch Einengung (Stenose) oder Verschluss (Okklusion) der die Extremitäten versorgenden Arterien oder seltener der Hauptschlagader (Aorta). Die Hauptursache ist mit etwa 95 % die Arteriosklerose, die so genannte "Arterienverkalkung". Die Beschwerden der Betroffenen reichen von Beschwerdelosigkeit über belastungsabhängige Schmerzen mit Einschränkung der Gehstrecke (Claudicatio intermittens) bis hin zur amputationspflichtigen Gangrän. In Deutschland leiden nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin rund 4,5 Millionen Menschen an einer pAVK. UrsachenUrsache ist meist der schleichende Verschluss einer Arterie durch Arteriosklerose. Andere Ursachen sind selten (Gefäßentzündungen oder arterielle Entrapment-Syndrome). Daneben sind es zu einem geringen Anteil entzündliche Gefäßkrankheiten, die eine arterielle Verschlusskrankheit hervorrufen können. Zur Abgrenzung von akuten Verschlüssen der Arterien und anderen chronischen durch Arteriosklerose hervorgerufen Erkrankungen wie beispielsweise der koronaren Herzkrankheit wird sie daher auch als chronische arterielle Verschlusskrankheit der Extremitäten bezeichnet. Die arterielle Verschlusskrankheit befällt überwiegend die Arterien der unteren Extremität. HauptrisikofaktorenFür die Entstehung der Arteriosklerose sind die Risikofaktoren
PathogeneseDurch das Fehlen von Sauerstoff und Nährstoffen im Versorgungsgebiet der betroffenen Arterien entstehen Symptome wie Schmerz, Schwäche, kalte und blasse Haut. Dazu muss eine Arterie allerdings zu 90 % verschlossen sein; bis dahin wird die Ernährung der Füße und Beine über parallele Gefäße gesichert. Die pAVK tritt in 90 % aller Fälle in den Beinen auf, die anderen zehn Prozent betreffen die Arme. Männer erkranken meist vor dem 55. Lebensjahr und drei mal öfter als Frauen, welche eher vor dem 65 Lebensjahr erkranken. Bei Raucherinnen ist ein ähnlich früher Krankheitsbeginn zu beobachten. Durch die wachsende Zahl der Raucherinnen nähert sich die Erkrankungshäufigkeit der der Männer.[9] Die Gefäßverkalkung als Ursache für pAVK ist ein langsam fortschreitender und vielschichtiger Krankheitsprozess, der alle Arterien des Körpers betreffen kann. Verursacht und verschlimmert wird die pAVK vor allem durch ein Zusammenspiel von Risikofaktoren. Bei einer pAVK stören die Engstellen im Blutgefäß den Blutkreislauf empfindlich. Die betroffenen Körperteile, Beine und Füße, werden nicht mehr ausreichend versorgt. Im Anfangsstadium reicht die Durchblutung noch aus, so dass noch keine Beschwerden beim Laufen auftreten. Nehmen die Gefäßverengungen weiter zu, kommt es zu Schmerzen in der Wade beim Gehen. Der Volksmund nennt diese Erkrankung „Schaufensterkrankheit“, weil die Betroffenen nach kurzen Gehstrecken immer wieder durch ihre Schmerzen zum Stehenbleiben gezwungen werden (und dann als Zeitüberbrückung beispielsweise die Schaufensterauslagen anschauen). Schon in diesem Stadium (Stadium II) haben die Patienten eine deutlich reduzierte Lebenserwartung.[10] SymptomeDie AVK verläuft lange Zeit unbemerkt und beschwerdefrei (Stadium I). Die ersten Anzeichen der Krankheit werden oft nicht ernst genommen. Erst wenn Schmerzen beim Gehen oder gar im Ruhezustand auftreten, gehen die Betroffenen zum Arzt. Allerdings sucht nicht einmal die Hälfte der über 65-Jährigen, die gelegentlich Beinbeschwerden haben, den Arzt auf. Eine bundesweite Studie (getABI) hat gezeigt, dass jeder Fünfte der beim Hausarzt Untersuchten eine pAVK im beginnenden oder sogar fortgeschrittenen Stadium hatte, ohne davon zu wissen. Oft wird dann hinter den Beschwerden ein orthopädisches Problem, z.B. Arthrose oder Muskelfaserriss, vermutet, und die Behandlung verzögert sich. In der Regel sind bei pAVK-Patienten nicht nur die Arterien der Beine verengt, sondern gleichzeitig die herz- und hirnversorgenden Schlagadern. Deshalb haben diese Patienten ein erhöhtes Risiko für einen tödlichen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Mehr als 75 Prozent aller pAVK-Patienten sterben daran.[10] Die Lokalisation der Schmerzen (Waden-, Oberschenkel-, Gesäßmuskulatur) lässt auf die Höhe der Engstellung (Stenose) oder des Verschlusses (Thrombose, Embolie) im Gefäß schließen. StadienNach dem Schweregrad der Symptome wird die pAVK in verschiedene Stadien eingeteilt. Verbreitet sind die Klassifikation nach Fontaine und die Klassifikation nach Rutherford. Während die Fontaine-Klassifikation vor allem im deutschsprachigen Raum Verwendung findet, ist die Rutherford-Klassifikation im angloamerikanischen verbreitet. Darüber hinaus wird die Rutherford-Klassifikation bevorzugt für Einteilung von akuten Verschlüssen der Extremitäten eingesetzt. Die folgende Tabelle stellt die beiden Klassifikationssysteme vergleichend dar:
DiagnostikDie Diagnose sowie die Bestimmung des Schweregrades einer chronischen arteriellen Verschlusskrankheit stellt in der Regel keine Schwierigkeiten dar und kann in der Regel allein durch eine Befragung des Patienten im Rahmen einer Anamnese sowie durch eine körperliche Untersuchung gestellt werden. Ergänzende, insbesondere apparative Untersuchungsmethoden spielen vor allem eine Rolle für die Therapieplanung bei einer höhergradigen arteriellen Verschlusskrankheit. BasisdiagnostikEine so genannte Dopplerdruckmessung ist die treffsichere Basisuntersuchung bei Verdacht auf AVK. Der Patient liegt auf einer Untersuchungsliege. Der Arzt tastet zunächst die Pulse in der Leiste, Kniekehle und am Fuß. Danach misst er mit einer Blutdruckmanschette und einer Dopplersonde den Blutdruck an den Oberarmen und an den Fußknöcheln. Anhand der Blutdruckwerte bestimmt er den so genannten Knöchel-Arm-Index (ABI = ankle-brachial-index). Bei gesunden Gefäßen sind die Werte an Arm und Bein annähernd gleich und der ABI liegt etwa bei 1,0. Beträgt der Wert 0,9 oder weniger, liegt eine PAVK vor. Weitere Untersuchungen sollten dann folgen. Je niedriger der ABI, desto ausgeprägter die Durchblutungsstörungen und desto stärker sind auch die Beschwerden. Diese einfache und schmerzfreie Dopplerdruckmessung ist so treffsicher, dass sie auch dann schon eine pAVK nachweist, wenn noch keine Beschwerden vorliegen. Diese Untersuchung kann der Hausarzt vornehmen. Der ABI ergibt sich aus dem oberen (systolischen) Blutdruckwert am Knöchel, geteilt durch den oberen Blutdruckwert am Arm. So berechnet man den ABI: Beispiel: Blutdruck Knöchel: 100:70, Blutdruck Arm: 125:80, ABI: 100:125 = 0,8. Auswertung: Es liegt eine leichte PAVK vor.[10] AnamneseIm Rahmen der Anamnese liegt der Schwerpunkt auf der Erfragung von Risikofaktoren für Arteriosklerose und damit verbundene Begleiterkrankungen sowie auf den typischen Beschwerden der arteriellen Verschlusskrankheit, wie belastungsabhängigen Schmerzen in den Extremitäten, Claudicatio und Dyspraxia intermittens sowie Ruheschmerzen. Im Stadium II der pAVK wird die Gehleistung des Patienten auf einem Laufband bestimmt. Unter dieser gleichförmigen Belastung misst man die Strecke bis zum Beginn der Schmerzen (schmerzfreie Gehstrecke) und die Strecke bis zur Gehunfähigkeit wegen Schmerzen (absolute Gehstrecke) in Metern.[10] Körperliche UntersuchungDie arterielle Durchblutung wird durch Abtasten (Palpation) der Pulse an den Extremitäten im Seitenvergleich und durch Abhören (Auskultation) von eventuell vorhandenen Gefäßgeräuschen über den Arterien beurteilt. Zur Erhebung des Pulsstatus gehören die Palpation der Arteria radialis und Arteria ulnaris am Handgelenk sowie der Arteria femoralis in der Leistenregion, der Arteria poplitea in der Kniebeuge, der Arteria tibialis posterior hinter dem Innenknöchel des Fußes und der Arteria dorsalis pedis an der Innenseite des Fußrückens. Weitere Untersuchungen:
Erweiterte Diagnostik1. Die Ultraschalluntersuchung oder Sonografie ist ungefährlich, kostengünstig und liefert heute exakte Ergebnisse. Die verschiedenen Methoden der Sonografie sind heute fester Bestandteil der Gefäßdiagnostik. Bei der farbkodierten Duplexsonographie wird der Blutfluss in den Gefäßen durch Farbbilder sichtbar gemacht. So lassen sich fast alle Gefäßverengungen aufdecken. Gefäßverkalkungen (Plaques) und Arterienverschlüsse können gezeigt und auch vermessen werden. Wenn die farbkodierte Duplexsonografie nicht ausreicht oder wenn eine Gefäßoperation geplant ist, gibt es noch weitere Untersuchungsmöglichkeiten: 2. Die Magnetresonanztomographie (MRT oder Kernspintomographie). Meist wird ein Kontrastmittel in die Vene eingespritzt. Das Kontrastmittel enthält kein Jod und ist bei Schilddrüsenerkrankungen unbedenklich. Das MRT liefert mittels künstlich erzeugter Magnetfelder detaillierte Schnittbilder. Man erhält ohne Belastung durch Röntgenstrahlen hochaufgelöste Bilder vom gesamten Gefäßnetz des Patienten. Verengungen oder Verschlüsse sind exakt erkennbar. Patienten mit Herzschrittmachern dürfen mit dieser Methode nicht untersucht werden. Magnetresonanz-(MR)-Angiografie 3. Angiographie (PTA) und Kathetereinsatz ist Diagnostik und Therapie zugleich. Die Angiographie ist eine Röntgenuntersuchung der Gefäße und wird mit Kontrastmittel durchgeführt. Eine Schlagader, meist in der Leiste, wird nach örtlicher Betäubung punktiert. Das Kontrastmittel wird über einen dünnen Kunststoffschlauch (Katheter) in das Gefäßsystem eingespritzt. Diese Untersuchung macht alle Arterien exakt sichtbar. Oft kann die Verengung in gleicher Sitzung mit einem Spezialkatheter erweitert werden. Die Strahlenbelastung ist bei Verwendung moderner Geräte gering. Bei Kontrastmittel- oder Jodallergie kommt es sehr selten zu allergischen Reaktionen. Eine medikamentöse Vorbeugung bei bekannten Allergien ist möglich. Eine besondere Form der Angiographie ist die DSA. Digitale Subtraktionsangiographie. 4. Computertomographie. Meist bekommt der Patient über die Vene ein Kontrastmittel eingespritzt, das die Arterien sichtbar macht. Die Computertomographie (CT,CT-Scanner) ist eine Untersuchung unter Röntgenstrahlen, bei der ein Computer dreidimensionale Schichtbilder erzeugt. Es können mit dieser Methode Gefäßstrukturen sehr gut beurteilt werden. Zu beachten ist die Strahlenbelastung. TherapieZiele sind:
Eine AVK (man kann AVK synonym zu PAVK verwenden) und ihre Risikofaktoren müssen behandelt werden. Bei Nichtbehandlung drohen Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Amputation.[10] Therapiebausteine:
Mit einem konsequenten Gehtraining verbessert sich die Durchblutung im Bein und im ganzen Körper. Durch Muskelbewegung können sich um die Engstelle herum kleine Blutgefäße neu bilden oder erweitern. Das Blut wird umgeleitet und versorgt die schlecht durchbluteten Beinregionen wieder. Der Patient hat allein durch die Aktivität weniger Schmerzen, und die Gehstrecke vergrößert sich erheblich. So verbessert sich durch eigenes Training die Lebensqualität. Jede Bewegung senkt die Blutfett- und Blutdruckwerte, verändert den Diabetes positiv, hilft Stress abzubauen und Gewicht abzunehmen. Mit jeder Bewegung nimmt auch das Risiko ab, einen Gefäßverschluss im Bein, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden. Der Gefäßmediziner bestimmt das richtige Maß des Trainings. Für AVK-Patienten (pAVK ist synonym zu AVK) ist Bewegung die wichtigste Maßnahme. Ausdauersport ist die beste Möglichkeit, Risikofaktoren zu minimieren, koronaren Herzkrankheiten vorzubeugen und einer Ausweitung des Krankheitsbildes entgegenzuwirken. Er ökonomisiert die Herzleistung, senkt Puls und Blutdruck, senkt das Cholesterin LDL, bildet Kollateralen, erhöht die Anzahl der Mitochondrien, stellt somit mehr Sauerstoff zur Verfügung und erhöht das allgemeine Wohlbefinden. Die konservative Therapie ist max. bis Fontaine-Stadium 2b möglich.
Umgangssprachliche SynonymeSchaufensterkrankheit: Da betroffene Patienten im Stadium II beim Gehen oder Laufen des Öfteren anhalten müssen, bis die Schmerzen wieder abgeklungen sind, entstand der Begriff „Schaufensterkrankheit“, weil Betroffene aus Scham oder zur Ablenkung bevorzugt vor Schaufenstern stehen bleiben. Raucherbein: Auf Grund des erhöhten Risikos von Rauchern sind diese überproportional häufig von der arteriellen Verschlusskrankheit betroffen. Eine konkrete Zuordnung besteht nicht immer, da auch Nichtraucher an der AVK erkranken (vergleichbar mit dem Begriff „Tennisarm“, den auch unsportliche Menschen bekommen). Quelle: Wikipedia / Dr. Paul Grollitsch) |